15. März 2019 Tagung/Konferenz Verfolgung – Ausgrenzung – Verwahrung. Die ehemalige städtische Arbeitsanstalt von 1892 bis heute

Information

Veranstaltungsort

Strietzsaal
Stötteritzer Straße 26
04317 Leipzig

Zeit

15.03.2019, 13:00 - 16.03.2019, 16:00 Uhr

Themenbereiche

Erinnerungspolitik / Antifaschismus, Neonazismus / Rassismus

Zugeordnete Dateien

Mit Dr. Elisabeth Elling-Ruhwinkel, Alexander Rode, Petra Čagalj-Sejdi (Romano Sumnal e.V.), Prof. Dr. Ulrich Brieler, Steffen Held, Hannes Schneider, Thomas R. Müller, Thomas Seyde, Berit Lahm, Anne Friebel, PD Dr. Maximilian Schochow , Dr. Steffi Brüning , Bettina Weben, Anja Neubert, Prof. Dr. Dietfrid Krause-Vilmar, Julian Timm, Prof. Clemens von Wedemeyer, Hagen Markwardt und Ann Katrin Düben
Eine gemeinsame Veranstaltung der Stadt Leipzig, Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig, Romano Sumnal e.V. und des Sächsischen Psychiatriemuseum mit Unterstützung der RLS Sachsen u.a.
Anmeldung unter: symposium@riebeckstrasse63.de

Die von einer Mauer umgebenen roten Klinkerbauten in der Riebeckstraße 63 sind beim flüchtigen Vorbeifahren leicht zu übersehen. Betrachtet man die Straßenfront jedoch näher, fällt das Georgsrelief über dem Eingang auf. Der Schutzpatron der Hospitäler und Siechenhäuser gibt einen Hinweis auf die Geschichte des Geländes, denn hier wurde auf insgesamt 28.000 m² im Jahr 1892 die „Zwangsarbeitsanstalt zu St. Georg“ errichtet, die zur Unterbringung und „sittlichen Besserung arbeitsscheuer, trunksüchtiger und liederlicher Armer“ diente. Während der NS-Zeit war die städtische Arbeitsanstalt als kommunaler Akteur an der Verwahrung und Verfolgung von als asozial stigmatisierten Gruppen beteiligt. Zudem diente das Gelände als Sammelstelle für Juden, Sinti und Roma, die von hier in die Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert wurden, sowie als zentrale Verteilerstelle von NS-Zwangsarbeit. Auch in der DDR wurde das Gebäude und seine bauliche Infrastruktur genutzt. Z.B. befand sich hier eine Venerologische Station, in der Mädchen und Frauen über Wochen zwangsweise auf Geschlechtskrankheiten untersucht wurden.

Im Hinblick auf die über ein Jahrhundert reichende Nutzung der Riebeckstraße 63 erscheint dieser Ort beispielhaft für eine „totale Institution“ (Erwing Goffmann). Welche Kontinuitäten und Brüche in der Geschichte erkennbar werden, wie Ausgrenzung und Stigmatisierung in den jeweiligen politischen Systemen und Ideologien verhandelt und praktiziert wurden, ist daher eine der Hauptfragen, die während des Symposiums erörtert werden sollen. Das Rahmenprogramm bildet eine Ortsbegehung und eine Ausstellung zur Städtischen Arbeitsanstalt. Sie machen darauf aufmerksam, dass bislang am historischen Ort das Leid der Menschen, die verfolgt, ausgegrenzt, verwahrt wurden, unsichtbar bleibt. Ziel des mehrtägigen Programms ist es, den Forschungsstand zur ehemaligen Arbeitsanstalt in seiner Breite zu diskutieren und einen Austausch zwischen Forschenden und Interessierten über die zukünftige Nutzung und Erinnerungsgestaltung der Riebeckstraße 63 anzuregen.

Programm:

15. März 2019

Panel 1 Kommunale Fürsorgepolitik: Soziale und räumliche Marginalisierung
14:45 Dr. Elisabeth Elling-Ruhwinkel: Das Arbeitshaus Benninghausen
15:10 Alexander Rode: Kontinuitäten und Brüche im städtischen Umgang mit „nichtsesshaften“ Minderheiten (1930-1950)
15:35 Petra Čagalj-Sejdi (Romano Sumnal e.V.): Und heute? Gespräch mit jungen asylsuchenden Romnija
16:00 Podiumsdiskussion, Moderation: Prof. Dr. Ulrich Brieler
16:30 Kaffeepause

Panel 2 Akteur der Verfolgung und Drehscheibe von NS-Zwangsarbeit
17:00 Steffen Held: Die Inhaftierung von jüdisch Verfolgten in den Jahren von 1938 bis 1944
17:25 Hannes Schneider: Die Riebeckstraße als Drehscheibe von NS-Zwangsarbeit
17:50 Podiumsdiskussion, Moderation: Anne Friebel

16. März 2019

Panel 3 Bruch und Aufbruch im Umgang mit Devianz und psychischer Erkrankung
9:40 Thomas R. Müller: Die Opfer der NS-"Euthanasie"-Verbrechen unter den Insassen der Städtischen Arbeitsanstalt Leipzig in der Riebeckstraße
10:05 N.N.: Zur Nutzung als psychiatrische Abteilung für Langzeitpatient_innen in der DDR
10:30 Thomas Seyde: Der Versuch einer Wiederbeheimatung ehemaliger Langzeitbewohner der Außenstelle Riebeckstraße 63 des Bezirkskrankenhauses für Psychiatrie Leipzig-Dösen nach 1990
10:55 Podiumsdiskussion, Moderation: Berit Lahm
11:25 Kaffeepause

Panel 4 Disziplinierung: Die Venerologischen Stationen Leipzig-Thonberg (1946-1990)
11:45 PD Dr. Maximilian Schochow: Die geschlossenen Venerologischen Einrichtungen in Leipzig-Thonberg
12:10 Dr. Steffi Brüning: „Herumtreiberinnen“? Betroffene der GKA Leipzig-Thonberg
12:35 Bettina Weben, Autorin von „Gequält, erniedrigt und doch am Leben. Warum war die DDR so ungerecht?“
12:40 Podiumsdiskussion, Moderation: Anja Neubert
13:30 Mittagspause

Panel 5 Ideenlabor
14:00 Prof. Dr. Dietfrid Krause-Vilmar: Gelungenes und Nicht-gelungenes. Erfahrungen aus der Geschichtswerkstatt Breitenau
14:50 Julian Timm/Prof. Clemens von Wedemeyer: Vermittlungsarbeit zwischen Gedenkstätte und Kunst. Breitenau und die dOCUMENTA(13)
15:15 Hagen Markwardt: Zur Didaktik des Gedenkens an die „Aktion T4“
15:40 Podiums- und Abschlussdiskussion
16:00 Gründung eines Initiativkreises


 

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