Nachricht | Holsing/Hurttig (Hrsg.): BAUERN! Protest, Aufruhr, Gerechtigkeit; Köln 2025

Die Rezeption des Bauernkrieges in der bildenden Kunst

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Cover der Publikation mit einem Bild von Franz Wilhelm Seiwert (1894-1933): Der deutsche Bauernkrieg, 1932 (Ausschnitt).

Im laufenden Jahr wird den Aufständischen in den Bauernerhebungen 1525 sehr breit gedacht. Dass dies 1975, aus Anlass der immerhin 450. Wiederkehr dieses Ereignisses, ganz anders war, zeigt diese Publikation. Sie widmet sich der künstlerischen Rezeption des Bauernkrieges im Wandel der politischen Systeme seit dem 19. Jahrhundert, also der Weimarer Republik, im Nationalsozialismus, der Bundesrepublik und der DDR.

In der Weimarer Republik hatten kommunistische Künstler*innen das Thema aufgegriffen, etwa Käthe Kollwitz (1867-1945), deren Zyklus «Bauernkrieg» teilweise abgebildet ist. Auch Lea Grundig (1906-1977) schuf dazu, wenn auch erst ab 1956, 14 Radierungen, von denen die meisten abgebildet sind. In der DDR wurde der Bauernkrieg als Teil der «frühbürgerlichen Revolution» und somit als Beginn des Kampfes um eine nichthierarchische Gesellschaft interpretiert, der (zwangsläufig) in der Gründung der DDR und im «Aufbau des Sozialismus» mündete, wenn nicht seinen (vorherbestimmten) Höhepunkt fand. Schon 1973 wurde Werner Tübke (1929-2004) mit der Gestaltung des großen Bauernkriegspanoramas beauftragt, dass dann aber erst 1989, kurz vor dem Ende der DDR, in Bad Frankenhausen eröffnet wurde. 1975 war das Jahr, in dem in der DDR auch der 30. Jahrestag der «Bodenreform» proklamiert wurde, ein passender Anlass um in Mühlhausen die «Zentrale Gedenkstätte Deutscher Bauernkrieg» einzuweihen1. Im Westen waren Thomas Müntzer und die Kämpfe der Bauern kaum Thema. Künstlerisch, so ist es nachzulesen, bearbeitete nur HAP Griesbacher (1909-1981) diese in seinen Holzschnitten.

Zwei weitere Kapitel schließen den Band ab: Das eine zeichnet die politische Instrumentalisierung des Bauernkrieges in Mainfranken durch den Nationalsozialismus nach, beschränkt sich aber in seinem Zugriff auf diesen geografischen Raum. Der andere, vom bekannten Kunsthistoriker und Publizisten Wolfgang Ullrich verfasste Text, interpretiert die Bauernproteste des Winter 2023/24 vor der Folie der vieldiskutierten Identitätspolitik: Die Bauern hätten mit ihrem Verhalten das Bedürfnis nach Repräsentation und Sichtbarkeit artikuliert, und nicht nur Em- sondern vor allem Repowerment betrieben, da sie ja historisch gesehen einmal eine große und wichtige Sozialgruppe gewesen seien.

Die Publikation dokumentiert die ästhetische Auseinandersetzung mit dem Komplex in den bildenden Künsten im Verlauf der Jahrzehnte und versucht in den Texten eine politische Einordnung. Bei diesen hätte man sich an einigen Stellen etwas mehr Vertiefung und auch Zuspitzung gewünscht.

Die Ausstellung im Museum im Kulturspeicher in Würzburg ist noch bis zum 3. August 2025 zu sehen.

Henrike Holsing/Marcus Andrew Hurttig (Hrsg.): BAUERN! Protest, Aufruhr, Gerechtigkeit; Wienand Verlag, Köln 2025, 140 Abb., 160 Seiten, 28 Euro

1 Parallel wurde im Albertinum in Dresden 1975 die große kultur- und kunsthistorische Ausstellung «Der Bauer und seine Befreiung. Kunst vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart» samt dazugehöriger Publikation organisiert. Beide ordneten die Bauernkriege in die Formationslehre von Feudalismus, Kapitalismus, Sozialismus ein.